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Otto Rudolf Salvisberg
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Otto Rudolf Salvisberg wurde am 19. Oktober 1882 in Köniz bei Bern als jüngstes von acht Kindern (sechs Knaben und zwei Mädchen) geboren. Er ist der Neffe des Architekten Friedrich Salvisberg. Obwohl er sich zum Zeichnen und Malen hingezogen fühlte, absolvierte er eine Berufslehre in einem Architekturbüro. Im Jahre 1904 bestand er das Diplom mit Auszeichnung und begab sich zu Fuß nach Deutschland. In dieser Zeit lebte Salvisberg vom Verkauf von Zeichnungen und Aquarellen, in denen er seine Eindrücke der Landschaften festhielt.

Während seines Aufenthalts in Karlsruhe besuchte er in der Technischen Hochschule die Kurse von Karl Schäfer (Dozent für mittelalterliche Baukunst). Der Architekt Hans Poelzig schrieb 1935 rückschauend: "Die Jugend war es satt, antikische oder Renaissance-Formen irgendwelchen Konstruktionen zu applizieren." Schäfer lehrte mit der Form die Konstruktion des mittelalterlichen Stein- und Holzbaues - er zeigte den untrennbaren Zusammenhang zwischen Form und Konstruktion. Diese Lehrweise richtete sich gegen jede Art von Klassizismus und somit der nachschinkelschen Schule, weiterhin auch gegen jede rein romantische Wiederholung gotischer oder romanischer Formen. Der Unterricht Schäfers mag erklären, warum Salvisberg einige Jahre später mit dem "Lindenhaus" (1912-1913) Berlins erstes Sichtbeton-Geschäftshaus erbaute, bei dem sich die Konstruktion nicht mehr hinter einer "vorgeklebten Säulenfassade" zu verstecken brauchte.

Im Jahre 1905 fand Salvisberg Anstellung bei dem Architekturbüro Curjel und Moser in Karlsruhe. Hans Bernoulli (Architekt und Städtebau-Theoretiker) berichtet in seinem "Nachruf auf Salvisberg", dass er während dieser Zeit im Sommer frühmorgens um vier Uhr aufstand, vor der Arbeit im Freien zeichnete und aquarellierte und damit sogar seine Kollegen ansteckte.

Im Jahre 1910 ging er nach Berlin, wo er bis 1914 in dem Atelier Zimmerreimer beschäftigt war. Das erste Haus, an dem er in Berlin mitarbeitete, war das "Bierhaus Siechen" an der Potsdamer Straße (um dessen Autorschaft es zum Streit zwischen Emil Schaudt und dem Architekten Zimmerreimer kam).

Im August 1912 heiratete er Emmy Roloff, eine gebürtige Berlinerin. Anfang 1916 machte er sich selbstständig und erhielt mit der Siedlung Piesteritz bei Wittenberg (Häuser) seinen ersten Großauftrag.

Erst 1924 konnte in Berlin wieder in großem Maßstab gebaut werden, da der Wohnungsbau in den Kriegsjahren fast zum Erliegen kam. Allein in Berlin fehlten mehr als eine Millionen Wohnungen.

Um der größten Not entgegenzutreten, wurde zunächst billigen Volkswohnungen die Priorität eingeräumt. Dabei gehörten von Anfang an gartenstadtähnliche Wohnsiedlungen zum städtebaulichen und sozialpolitischen Konzept der Republik. Zunächst verhinderte jedoch die galoppierende Inflation, die 1923 ihren Höhepunkt erreichte, die meisten Bauvorhaben. Erst nach der Währungsreform und der Neuregelung der Reparationszahlungen durch den "Dawes-Plan" begann die Wirtschaft, sich für kurze Zeit zu erholen. Gleichzeitig waren diese ersten Nachkriegsjahre von einer ungeheuren Aufruhr- und Umbruchstimmung erfüllt, die Architekten, Maler, Bildhauer, Schriftsteller und Musiker gleichermaßen ergriff. In Berlin bildeten sich die "Novembergruppe" und der "Arbeitsrat für Kunst". Zu den führenden Köpfen zählten Walter Gropius, Bruno Taut und der Kunstkritiker Adolf Behne. (Zitat Adolf Behne: "Die Kunst soll nicht mehr der Genuss weniger, sondern Glück und Leben der Masse sein. Zusammenschluss der Künste unter den Flügeln einer großen Baukunst ist das Ziel.")

Salvisberg hatte auch während der Inflationszeit Gelegenheit zum Bauen, welches sicher mit seinen Auftraggebern, die durchweg dem liberalen bis konservativen Bürgertum angehörten, zusammenhing. Noch vor der Währungsreform (1923) baute er verschiedene Siedlungen mit über 2.800 Häusern.

Ein zeitgenössischer Kommentar charakterisiert die Situation folgendermaßen: "Salvisberg zeigt sich in seinen Landhäusern als der beliebte Architekt der vornehmen Gesellschaftsklasse in den verschiedensten reizvollen Villenvororten von Berlin und versteht, die Wünsche seiner Bauherren in jeder Weise zu erfüllen".

Unter den Auftraggebern Salvisbergs war für das wirtschaftliche und kulturelle Leben im Berlin der 20er Jahre sicherlich Adolf Sommerfeld die signifikanteste Persönlichkeit.
Für ihn entwarf er die Reihenhäuser in der Hortensienstraße (1924-1925), die damals sehr anerkannt wurden und sowohl durch ihre ausgewogenen Grundrisse wie auch durch ihre ansprechenden Details überzeugten.

Durch die Einführung der Hauszinssteuer erhielt der Staat die Möglichkeit, den Wohnungsbau intensiv mit öffentlichen Mitteln zu fördern. Die Vergabe dieser Hypotheken in Berlin unterstand der Wohnungsfürsorgegesellschaft (DEWOG), deren Direktor Martin Wagner war, bis er 1926 als Nachfolger von Ludwig Hoffmann neuer Stadtbaurat wurde. Die Besetzung dieser Position mit Wagner ist ein Grund für die fortschrittliche und soziale Wohnungsbaupolitik Berlins in diesen Jahren und für ihren hohen Standard.

Otto Rudolf Salvisberg trug großen Anteil an den Entwürfen und dem Bau der bekannten Großbausiedlungen, die mit ihren sonnigen, gesunden und billigen Wohnungen noch heute vorbildhaft für den sozialen Wohnungsbau sind:

Salvisberg baute diese Häuser mit den gleichen, wenigen Baugeschäften, wie der Firma Schäler, mit der er seit seiner Zeit bei Zimmerreimer eng verbunden war. Es mussten Firmen sein, die solide Arbeit leisteten. Was Salvisberg nicht gefiel, versuchte er zu verbessern - wenn nötig auch mehrmals. (So ließ er zum Beispiel dreimal die Höhe einer Gartenmauer verändern.)

Im Verlaufe des Jahres 1927 wurde Salvisberg in den berühmten Berliner Dreierrat berufen, dem die abschließende Begutachtung und Entscheidung über große Bauvorhaben unterstand - ein enormes Zeichen für die Achtung, die man in Berlin Salvisberg entgegen brachte.

Im Jahre 1928 kehrte Salvisberg zurück in die Schweiz, um an der "Eidgenössischen Technischen Hochschule" (ETH) Zürich den Lehrstuhl für Architektur von Karl Moser zu übernehmen. Seine Studentinnen und Studenten sprechen immer wieder von seiner fast unheimlichen Auffassungsgabe für die Probleme der grundrisslichen Organisation.

1934 wurde er neben seiner Lehrtätigkeit an der "Eidgenössischen Technischen Hochschule" zum eigentlichen Hausarchitekten der F. Hoffmann-La Roche AG. In den Jahren 1938-1939 baute Salvisberg den Bleicherhof in Zürich, welcher zum Prototypen eines Geschäftshauses der Nachkriegszeit wurde.

Am 23. Dezember 1940 erlag er während einer Skiabfahrt oberhalb von Arosa einem Herzschlag. "Er habe den Eindruck eines mit sich zufriedenen Menschen gemacht und ihm war es vergönnt, so zu sterben, wie er es einmal seinen Nächsten als geheimen Wunsch anvertraut haben soll." (Zitat Alexander Bieri).

"Ein fröhliches, offenes Gesicht, von frischer Luft und Sonne gebräunt, pechschwarzes Haar, eine mittelgroße, gedrungene Gestalt, rundliche, feste Hände wie zu einer selbstbewussten Kraft und einer unbedenklichen, selbstverständlichen Zugriffigkeit, so trat uns Kollege Salvisberg entgegen, so wird seine Erinnerung in uns fortleben." (Hans Bernoulli in seinem "Nachruf auf Salvisberg")



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